• 10. Oktober 2018

Albert-Einstein-Gymnasium Kaarst, Q2/Jahrgangsstufe 12

„Demokratie gibt den Menschen eine Stimme!“

Albert-Einstein-Gymnasium Kaarst, Q2/Jahrgangsstufe 12

Albert-Einstein-Gymnasium Kaarst, Q2/Jahrgangsstufe 12 150 150 Sven Lilienström

„Demokratie gibt den Menschen eine Stimme!“

Am Tag nach dem Tag der Deutschen Einheit hat die Initiative Gesichter der Demokratie mit sieben Schülerinnen und Schülern der Q2/Jahrgangsstufe 12 am Kaarster Albert-Einstein-Gymnasium über Demokratie, Populismus und soziale Netzwerke gesprochen. Gemeinsam bilden die sieben Schülerinnen und Schüler – stellvertretend für die gesamte Stufe – eines unserer mittlerweile über 40 Gesichter der Demokratie ab.

Q2/Jahrgangsstufe 12 des Albert-Einstein-Gymnasiums in Kaarst - (v.l.n.r.) Dennis Schneider, Lehrer für Latein und Geschichte, Celia, Sophia, Pia, Tim, Alex, Sebastian, Torben, Sven Lilienström, Gründer der Initiative Gesichter der Demokratie | © Monika Baumann

Q2/Jahrgangsstufe 12 des Albert-Einstein-Gymnasiums in Kaarst – (v.l.n.r.) Dennis Schneider, Lehrer für Latein und Geschichte, Celia, Sophia, Pia, Tim, Alex, Sebastian, Torben, Sven Lilienström, Gründer der Initiative Gesichter der Demokratie | © Monika Baumann

Demokratische Mitbestimmung gibt es bereits in der Schule – beispielsweise durch die Wahl der Schülervertretung. Welchen Stellenwert haben Demokratie und demokratische Werte für Euch ganz persönlich?

Sebastian (16) – Albert-Einstein-Gymnasium: Demokratie sollte wertgeschätzt werden, denn längst nicht alle Menschen haben die Möglichkeit in einer Demokratie zu leben. Ich finde es unverantwortlich, wenn Menschen nicht wählen gehen. Davon profitieren letztendlich nur die Parteien oder Menschen, von denen keiner möchte, dass sie Politik machen.

Torben (17) – Albert-Einstein-Gymnasium: Ich bin glücklich darüber in einer Demokratie zu leben. Viele denken bei Demokratie direkt an Politik, aber Demokratie ist auch im Alltag allgegenwärtig. Wenn wir mit Freunden was unternehmen, bestimmt nicht der Einzelne, was wir machen sondern die Gruppe. In der Familie ist das genauso.

Alex (17) – Albert-Einstein-Gymnasium: Für mich ist Demokratie neben Frieden und Freiheit so ziemlich das höchste Gut. Auch hinsichtlich der Menschenrechte finde ich Demokratie sehr wichtig. Leider können längst nicht alle Menschen die Vorzüge eines demokratischen Rechtsstaates genießen. Demokratie ist eben keine Selbstverständlichkeit.

Pia (17) – Albert-Einstein-Gymnasium: Demokratie bedeutet für mich, dass ich im Alltag meine Meinung frei äußern darf und durch Wahlen die Politik mitbestimmen kann. In einem demokratischen Rechtsstaat ist auch die Justiz unabhängig. Ich muss mir in Deutschland keine Sorgen darüber machen, dass ich irgendwann einmal ohne Grund ins Gefängnis komme.

Tim (17) – Albert-Einstein-Gymnasium: Für mich bedeutet Demokratie, dass ich ein freies Leben in einem Land führen kann, in dem aufgrund der Demokratie die unterschiedlichsten Völker, Kulturen und Ethnien friedlich und freiheitlich miteinander leben können.

Sophia (17) – Albert-Einstein-Gymnasium: Demokratie gibt den Menschen eine Stimme. Wir haben die Freiheit, die Politik mitzubestimmen und nehmen Einfluss auf politische Entscheidungen. Durch die Demokratie können wir sagen was wir möchten.

Celia (17) – Albert-Einstein-Gymnasium: Leider haben nicht alle Menschen die Möglichkeit zu wählen. Und diejenigen, die wählen dürfen, sind nicht immer bereit dieses Privileg zu nutzen. Insgesamt kann ich sagen, dass Demokratie etwas Gutes ist und nicht jeder diese Möglichkeit hat. Das sollten wir mehr schätzen.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bezeichnete die Europäische Union im Interview als „Liebe fürs Leben!“. Was verbindet Ihr vorrangig mit Europa und warum?

Sophia (17): Europa steht für Gemeinschaft und Vielfältigkeit. In der Europäischen Union sind viele unterschiedliche Länder und Kulturen zusammen gekommen. Auch im Alltag haben wir durch die EU viel mehr Möglichkeiten, wie beispielsweise die Freiheit ohne Grenzkontrollen in ein anderes Mitgliedsland zu reisen. Wir erleben die EU alltäglich.

Stichwort Rechtspopulismus: Was entgegnet Ihr Menschen, die behaupten, Abschottung und Protektionismus seien der einzig richtige Weg gegen Überfremdung und zum Schutz der heimischen Wirtschaft?

Tim (17): Die Aufkündigung unserer freien und offenen Gesellschaft ist eine vollkommen überzogene und undifferenzierte Reaktion auf die Angst vor Überfremdung – unabhängig davon, ob diese Angst berechtigt ist oder nicht.

Eine funktionierende Weltwirtschaft kann man nicht einfach so „renationalisieren“!

Eine Rückkehr zum alten Nationalstaat löst keine Probleme. Abgesehen davon: Eine funktionierende Weltwirtschaft kann man nicht einfach so „renationalisieren“! Als Exportnation sind wir Deutschen zudem auf eine starke Weltwirtschaft angewiesen.

Probleme löst man eben nicht indem man sie aussperrt, denn irgendwann kommen die Probleme zurück und dann sind sie meist noch unbeherrschbarer als zuvor. Das ist genauso mit den Flüchtlingen, die vor der Grenze stehen. Man kann die Grenze zwar „dicht“ machen, aber diese Maßnahme löst das Problem nicht dauerhaft, denn irgendwann stürmen die Flüchtlinge einfach die Grenze und dann? Das bringt also nichts.

Alex (17): Ich hatte letztens eine Diskussion mit einem Deutschen, der eher rechts orientiert war. Er hat in Online-Foren seine Meinung kundgetan und für seine neue Partei geworben – die „Nationale Volkspartei“. Ich habe ihn angeschrieben und gefragt, was er sich dabei denkt und ob er sich nicht schämt für das, was er verbreitet. Als Antwort kam, dass alle Ausländer raus sollen und wir unser Land schützen müssen. Das ist für mich totaler Quatsch. Letztens habe ich auf Instagram ein Zitat von Helmut Kohl gelesen. Er hat gesagt: „Wer gegen Ausländer hetzt und brandschatzt, ist kriminell und gemeingefährlich. Wer so etwas tut, kann nie und nimmer für sich in Anspruch nehmen, ein deutscher Patriot zu sein.“ Das trifft für mich den Nagel auf den Kopf.

Zu sagen, alle Ausländer müssen raus, die klauen unsere Jobs – das ist absoluter Schwachsinn.

Klar kann ich die Verunsicherung der Menschen nach Ereignissen wie in der Kölner Silvesternacht verstehen. Aber zu reagieren wie in Chemnitz, das geht gar nicht. Anstatt Brutalität oder körperliche Gewalt anzuwenden sollten wir alle politisch aktiv werden. Zu sagen, alle Ausländer müssen raus, die klauen unsere Jobs – das ist absoluter Schwachsinn.

80 Prozent der Bundestagsabgeordneten sind älter als 39 Jahre. Kümmert sich die Politik Eurer Meinung nach ausreichend um die Wünsche von Jugendlichen? Wo besteht Handlungsbedarf?

Torben (17): Wenn man Nachrichten schaut und sieht, dass im Bundestag überwiegend ältere Leute sitzen, bekommt man ein wenig das Gefühl, dass sie Jüngere dort nicht wollen. Dass sie Angst vor Veränderungen und Neuem haben. Deswegen finde ich, sollten die Jugendorganisationen der Parteien – also die Junge Union, die Jusos oder die Grüne Jugend – lauter werden und ein bisschen mehr Werbung machen, um neue Mitglieder zu bekommen.

Der Politikunterricht der Jahrgangsstufen 5 bis 7 könnte mehr darüber aufklären, was in der Welt abgeht.

Auch in der Schule gibt es viel mehr Möglichkeiten junge Menschen für Politik zu begeistern. Der Politikunterricht der Jahrgangsstufen 5 bis 7 könnte mehr darüber aufklären, was in der Welt abgeht und wie man als junger Mensch handeln und sich einbringen kann.

Gezielt verbreitete Falschmeldungen sind eine Gefahr für die Demokratie. Wo informiert Ihr Euch und wie schützt Ihr Euch davor, auf „Fake News“ hereinzufallen? Welche Erfahrungen habt Ihr gemacht?

Pia (17): Ich informiere mich meistens über das Fernsehen, indem ich mir die Tagesschau ansehe, Diskussionen wie „Hart aber Fair“ oder Sendungen im ZDF. Klar informiere ich mich auch im Internet und nutze „Social Media“.

Ich denke, dass gerade die Jüngeren nicht den Wahrheitsgehalt von Informationen hinterfragen sondern glauben, was gesagt wird.

Man kann Seiten auf Instagram folgen, die Informationen liefern. Da versuche ich den Seiten zu folgen, von denen ich weiß, dass sie seriös sind. Wichtig ist es ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass nicht alles was man liest zu hundert Prozent stimmt. Aber ich denke, dass gerade die Jüngeren nicht den Wahrheitsgehalt von Informationen hinterfragen sondern glauben, was gesagt wird. Ist man sich unsicher ob etwas stimmt oder nicht, kann man das Thema ja „googeln“ und auf seriösen Seiten nachlesen und nicht auf den unseriösen, die man so kennt.

Tim (17): Es kann dennoch passieren, dass „Fake News“ nicht absichtlich verbreitet werden, wie beispielsweise nach Chemnitz. Als das Gerücht aufkam, dass diejenigen, die den Hitlergruß gezeigt, haben vom Verfassungsschutz seien. Gewissermaßen um eine Unruhe anzustiften und die eigentlich friedlichen Rechten schlecht dastehen zu lassen. Weil die Meldungen unglaublich schnell veröffentlicht werden, fehlt teilweise eine gründliche Recherche. Da kann man auch drauf reinfallen. Selbst als jemand, der eher ein bisschen kritischer mit den Medien umgeht.

In sozialen Netzwerken kommunizieren wir fast ausschließlich mit Freunden, Inhalte werden über Algorithmen personalisiert. Sind Facebook, YouTube oder Twitter gut oder schlecht für die Demokratie?

Celia (17): Soziale Netzwerke können sowohl gut als auch gefährlich für die Demokratie sein. Leider entstehen im virtuellen Raum schnell Missverständnisse. Man sieht einen Post, dessen Inhalt absoluter Quatsch ist, und glaubt dies. Der Post wird weiter geschickt und erreicht immer mehr Menschen. Ich selbst habe Erfahrungen damit gemacht. Man bekommt etwas geschickt. Das googelt man dann und merkt, dass es nicht wahr ist.

Wenn man auf Instagram sieht, dass selbst die eigenen Freunde scheinbar alle die gleiche Meinung haben, traut man sich im jungen Alter eventuell nicht zu sagen, dass man anderer Meinung ist.

Außerdem kommt es vor, dass die Meinungen der anderen Nutzer die eigene Sichtweise beeinflussen. Wenn man auf Instagram sieht, dass selbst die eigenen Freunde scheinbar alle die gleiche Meinung haben, traut man sich im jungen Alter eventuell nicht zu sagen, dass man anderer Meinung ist. Man behält die eigene Meinung dann lieber für sich.

Tim (17): Es ist sehr einfach in sozialen Netzwerken unterschiedliche Meinungen auszutauschen. Solange dieser Meinungsaustausch stattfindet ist alles gut. Im Zusammenhang mit sozialen Netzwerken hört man jedoch häufig auch den Begriff der „Echokammer“. Dort hallt jeweils das besonders laut, was den Einstellungen des Nutzers entspricht. Das ist durch die Algorithmen so. Wenn ich jetzt ein Rechter wäre und Videos mit rechten Inhalten mag, dann werden mir in meinem Suchverlauf konsequent fast ausschließlich solche Posts und solche Videos angezeigt. Das heißt, ich sehe immer nur die eine Seite und damit immer nur die Menschen, die genau die gleiche Meinung vertreten wie ich – nicht die Gegenseite. Das ist gefährlich, weil sich dadurch „Gesinnungsstränge“ bilden.

Torben (17): Ich finde soziale Netzwerke sind gut für die Demokratie, weil jeder seine Meinung äußern kann. Ganz egal ob links, rechts oder in der Mitte – es gibt keine Grenzen. Klar gibt es auch viel Hass in den sozialen Netzwerken.

Für die Demokratie ist es wichtig, dass man sich auch weltweit austauschen kann. Dafür finde ich soziale Netzwerke gut.

Aber trotzdem hat jeder die Chance seine Meinung frei zu äußern, sich zu informieren und auch Dialoge mit Menschen zu führen, die man noch gar nicht kennt. In manch anderen Ländern – wie beispielsweise in der Türkei – wurden und werden zum Teil Internetseiten gesperrt. Dann gibt es keine Chance, sich zu informieren oder auszutauschen. Für die Demokratie ist es wichtig, dass man sich auch weltweit austauschen kann. Dafür finde ich soziale Netzwerke gut.

Studium versus Ausbildung: Wie geht es bei Euch nach dem Abi weiter und warum habt Ihr Euch für ein Studium beziehungsweise für eine Ausbildung entschieden?

Celia (17): Ich werde sehr wahrscheinlich Internationales Marketing studieren. Da ich mein Abitur mache und die Möglichkeit habe zu studieren, möchte ich diese Chance nutzen.

Sophia (17): Ich denke, dass mir nach einem Studium mehr Türen offen stehen. Daher würde ich auch eher studieren als eine Ausbildung zu machen. Mit der Wahl des Studiums lasse ich mir noch etwas Zeit.

Tim (17): Ich habe mich bereits früh für ein Informatik-Studium entschieden. Abstrakte Strukturen haben mich schon immer interessiert. Daher denke ich, dass mir die Uni mehr Anreize bietet und mich mehr fordert, als eine Ausbildung.

Pia (17): Ich möchte Lehrerin werden. Den Wunsch habe ich bereits seit der Grundschule. Daher habe ich nie über die Möglichkeit einer Ausbildung nachgedacht.

Alex (17): Nach meinem Abitur werde ich sowohl studieren als auch eine Ausbildung machen. Ich habe mich unterschiedlich beworben und sehe es ähnlich: Wenn man schon Abitur hat, sollte man die Möglichkeit nutzen und studieren.

Torben (17): Ich werde nach der Schule eine Ausbildung machen. Alle stellen nur noch die Frage, was studierst du nach der Schule und nicht mehr, was machst du. Dieser ganze Hype ums Studium. Ich sehe meine Chance im Handwerk. Mein Vater ist auch Handwerker. Deswegen werde ich wahrscheinlich eine Schreinerlehre machen und ins Handwerk gehen.

Sebastian (16): Ich habe mich auf einer Berufsmesse informiert und mir verschiedene Stände angeschaut. Ich möchte gerne Wirtschaftsrecht studieren, weil dieser Studiengang genau meine Interessensgebiete abdeckt.

Vielen Dank Euch allen für das tolle Interview!

Lesen Sie hier das Interview mit NRW-Bildungsministerin Yvonne Gebauer, geführt von den Schülerinnen und Schülern der Q2/Jahrgangsstufe 12 – Albert-Einstein-Gymnasium Kaarst.

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